Wunschpunsch: Populärkultur. Was ich will. Und was nicht.

Im Gesichtsbuch hat sich eine Gruppe von Leuten, hauptsächlich Musikern, zusammen gefunden, um über das Urheberrecht zu reden (Mit einem IMO nicht besonders passenden Namen, aber was solls). Anlass war eine andere Facebook-Gruppe, die offensichtlich im Rahmen der aktuell gestarteten Kampagne der Rechteverwerter „Mein Kopf gehört mir“ den selben Müll nachplappert und äußerst unwirsch reagiert, wenn man ihnen die Fakten aufzeigt, die mit diesem Geplapper, wie das bei Propaganda-Kampagnen halt so üblich ist, nicht viel zu tun haben. Stephan Kleinert von der Band Botany Bay gründete in Anlehnung an den Namen der anderen Gruppe also die Facebook-Gruppe „Songwriter für Piraten“ (hatte ich schon erwähnt, dass ich den Namen suboptimal finde?) als Gegenmodell gegen diese platte Propaganda. Da ich ja bekanntlich auch selber in einer Band spiele fand ich den konstruktiven Ansatz in dieser Gruppe natürlich super.

In dieser Gruppe versuchen wir, aus der „Wir gegen die gegen die“_Falle raus zu kommen. Denn die Frage ist ja: Wie wollen wir alle– Urheber, Verwerter und Konsumenten – zusammen unsere Leidenschaft für Kultur leben? In dieser Gruppe wollen wir versuchen, eine Vision dafür zu finden. Fair und ausgewogen für alle Beteiligten, ohne einander über den Tisch zu ziehen. Denn wir haben ein gemeinsames Interesse: Kunst und Kultur in unser aller Leben zu ermöglichen und glücklich zu sein.

Der erste Schritt auf allen Seiten der IMO nötig ist: erkennen, dass wir alle – als „Kreative“, als „Konsumenten“ und als „Geschäftsleute“ – also alle sogenannten „Marktteilnehmer“ (denn auch das ist nötig: die Anerkennung der Realität, sonst können wir sie nicht ändern) , ein gemeinsames Ziel haben: Spaß an Kultur (Musik, Texten, Lyrik, Filmen, Bildern), die der Seele gut tut und den Geist anregt (oder beruhigt, auch das), sprich: einfach ein wenig Glück im Leben zu haben. Und um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen müssen wir alle zusammenhalten. Dazu gehört, erst einmal die Bedürfnisse und Wünsche aller Beteiligten als „legitim“ anzuerkennen.

Und dann können wir regeln, wie wir speziell die Bedürfnisse, die sich zu widersprechen scheinen, so untereinander in Balance bekommen, dass jeder Beteiligte noch genug Wünsche erfüllt bekommt, dass er auch gut damit leben kann, wenn er zu Gunsten der Wünsche seines Nachbarn auch hier und da ein paar Abstriche machen muss. Denn das muss jeder, damit am Ende alle zufrieden sein können.

Somit wäre es wohl die erste Aufgabe: mal zusammenstellen, welche Bedürfnisse und Wünsche die jeweiligen Menschen in ihren jeweiligen „Funktionen“ überhaupt so haben. Also Künstler (am besten tatsächlich aufgeteilt in die verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen, Musiker, Fotograf, Autor, Produzent, etc.), Konsumenten/“Fans“, Verwerter (Verleger, Distributor, Label, etc.). Ohne Bewertung oder Rechtfertigungszwang oder unkonstruktive Konzepte wie „Schuld“ oder Unterstellungen.

Im Rahmen des ersten Schrittes, zunächst einmal zusammen zu sammeln, was denn eigentlich die Bedürfnisse und Wünsche der sogenannten „Marktteilnehmer“ im sogenannten „kulturellen Sektor“ sind, stellte ich dort mal meine Gedanken vor, erstmal ohne drauf zu achten, ob das „realistisch“ sei oder mit den Interessen eines anderen kollidiert. Weil facebook leider ein geschlossenes System ist kopiere ich das auch noch mal hier her, vielleicht interessierts ja noch mehr Leute.

Ich sehe mich dabei in zwei der beteiligten Gruppen vertreten. Obacht, jetzt wirds lang…

1. Als Urheber

Ausgangssituation (Die meisten reinen „Konsumenten“ wissen das ja meist nicht wie sowas aussieht):

Ich bin Musiker. Ich habe viel Zeit und Geld investiert, um Musik machen zu können, sowohl was die Ausbildung betrifft als auch was Equipment und Infrastruktur (von Homepage, Instrumente, Proberaum bis zu einem Auto, das ich nie hätte (weil zu teuer) wenn ich nicht ständig große Mengen Kram rumfahren müsste).

Bei ersterem bin ich zwar Autodidakt, habe also nie Unterricht genommen geschweige denn studiert, nichtdestotrotz habe ich freilich Zeit und auch Geld für Material, mit dem ich mir das beibrachte ausgegeben. Und das nicht wenig. Andere geben noch mehr Geld aus, denn es gibt kaum eine Ausbildung, speziell auf dem Sektor „populärer“ Musik, die man nicht selbst zahlen muss. Man muss schon großer Idealist sein (und entweder Kohle haben oder bereit sein, längere Zeit sehr sehr prekär zu leben oder „nebenher“ arbeiten, was von der zur Verfügung stehenden Zeit abgeht. Ein Student, der seine Studiengebühren selbst erwirtschaften muss weiß was ich meine, ein Student, der „nur“ seinen Lebensunterhalt für die Studienzeit dazu jobbt könnte es ahnen), um sich das anzutun, denn egal wie sehr das Musik machen Spaß macht: sich deshalb kaputt zu schuften und trotzdem zu hungern macht keinen. Ich hatte das Geld nicht (damals gabs auch im staatlichen Hochschulsektor nichts wie z.B. die Popakademie in Mannheim (BW, also (noch) Studiengebühren).

Ich wünsche mir, dass speziell den Leuten, die glauben, dass „Musik machen“ erst mal nicht mehr als ein Hobby ist, verstehen, dass es das eben nicht ist. Es ist ein Beruf, meist auch „Berufung“, der, soll das, was dabei rauskommt, ein bestimmtes Qualitätsniveau nicht unterschreiten, so richtig viel Zeit und Geld kostet für Ausbildung als auch über die weitere Zeit um das Niveau zu halten/steigern. Und ich wünsche mir, dass erkannt wird, dass genau das dann auch die Voraussetzung dafür ist, überhaupt „gute“ Songs zu komponieren. Also dauerhaft kreativ zu sein und urheberrechtlich geschützte Werke zu erstellen.

Wenn das im Bewusstsein – auch so mancher Nerds, von denen manche leider gern mal ärgerlich naive Vorstellungen vom Song schreiben haben (da gibts doch inzwischen ’ne App für) – angekommen ist wäre schon viel getan. Vor allem weil man sich dann nicht mehr dauernd rechtfertigen müsste. Und dabei ist das egal, ob ich mir das „freiwillig“ so ausgesucht habe – jede(r) tut das, was er tut irgendwie auch „freiwillig“. Auch Sysadmins oder Krankenschwestern. Letzteren kommt man übrigens auch stets mit dem Argument „Aber ist es nicht ein tolles Gefühl, Menschen zu helfen? Und wenn es dir zu stressig und unterbezahlt ist, warum hast du denn dann den Beruf gewählt und nichts besser bezahltes gemacht?“. Kultur und Soziales haben da ein sehr ähnliches Problem. Bildung auch (Geisteswissenschaften speziell, Stichwort „Orchideenfach“).

Wenn aus diesem Bewusstsein auch bei den Nutzern, bei denen das noch nicht so ist, die Erkenntnis erwächst, dass der Wert eines Musikstückes nicht in der in der Tat für sich selbst „wertlosen“ Datei liegt sondern in der Arbeit, die aufgewendet wurde, dass diese überhaupt existiert (sozusagen das Ergebnis einer vorangegangenen und finanziell vorgestreckten „Dienstleistung“ ist, die man mit dem Bezahlen der Datei entlohnt – denn freilich ist „Diebstahl“ völlig unpassend, weil nur Dinge gestohlen werden können. Aber nicht nur Dinge haben Wert, andererseits) muss sich hoffentlich kein Künstler mehr einen spießigen „Hättest du halt was gescheites gelernt“-Kommentar anhören. Oder „Du wolltest es doch nicht anders“ – denn freilich bedeutet die Entscheidung, Musik über Hobbyniveau hinausgehend machen zu wollen nicht auch, in Armut und Mangel leben „zu wollen“.

Vom Gesetzgeber wünsche ich mir eine klare und für alle verständliche Unterscheidung zwischen „gewerblicher“ und „privater“ Nutzung von Kulturgegenständen und ein Lizenz- und Verwertungsrecht, das sich auf diesem Unterschied aufbaut. Ich würde das relativ einfach halten wollen: private Nutzung ist ab dem Zeitpunkt gegeben, ab der Mehrwertsteuer gezahlt wurde (denn dieses markiert im Normalfall den Kauf eines Produktes durch einen sogenannten „Verbraucher“) UND keine Einkünfte damit erzielt werden.

Die private Nutzung schließt ein: die Privatkopie (die durch Wegfall von DRM oder Kopierschutzmaßnahmen auch ermöglicht werden muss und bekanntlich abgegolten ist durch entsprechende Abgaben auf Geräten und Datenträgern). Veröffentlichung sollte eingeschränkt möglich sein (das Urlaubsvideo mit einem Musikstück im Background, z.B., inklusive hochladen auf eine Videoplattform und/oder Einbetten auf eine private Homepage, SocialMedia Profil o.ä. – dass diese Plattformen u.U. damit Geld verdienen ist eine andere Baustelle, wenn diese die Möglichkeit zum Einstellen von privaten Videos ermöglichen müssen sie freilich auch entsprechende Entgelt-Konditionen mit den Rechteinhabern aushandeln, denn hier sind wir im Bereich kommerzieller Nutzung. Die aber nichts mit der Privatperson, die das Video erstellt und hochgeladen hat, zu tun hat)

Auf Verwerterseite wünsche ich mir wieder weniger Corporate-Denke (Quartalsergebnisse, kurzfristige und -sichtige Strategien) und wieder mehr „Herz“ für das, was man da eigentlich verkaufen möchte. Dazu gehören faire Verträge (keine Total-Buy-Out-Verträge mehr, sowas gehört schlicht verboten) und die Erkenntnis, dass eine langfristige Investition nachhaltigere Ergebnisse nach sich zieht. Das Rausfeuern immer neuer Eintagsfliegen entwertet die Produkte. Einen Teil der Verantwortung dafür, dass heute speziell im Pop-Bereich Musik oft kein Wert mehr zugestanden wird dürfte auch in dieser Form des „Produktmanagements“ der großen Labels liegen.

Das ist doch nicht, wofür ihr mal angetreten seid, oder? Billigstes Fast Food, am liebsten zu Gourmet-Preisen verkauft? Come on! Auch ihr wolltet doch mal die Welt verändern! Als ihr gegen alle Widerstände Leute auch politisch und sozialkritisch ambitionierte Acts groß gemacht habt. Damals. Und schaut sie euch an, gerade die sind nach wie vor die, die euch einen Haufen Geld in die Kasse spülen. The Who, Stones, Beatles, U2, Nirvana, BAP uvm. – hat sich da die Investition nicht wirklich gelohnt, auch und gerade auf lange Sicht? Und warum hört man von euch heute nur noch Belanglos-POP, Herz-Schmerz-Befindlichkeitsfidifidi und Party? Wir hatten seit der Mitte der 90-ger mindestens so viele Kriege wie in den 60-gern, 70-gern und 80-gern, sogar mitten in Europa. In der Populärmusik hat man davon so gut wie nichts mitbekommen! Wo war eure Unterstützung für Künstler, die sich damit auseinander gesetzt haben?

So unkommentiert hätte auch der mainstreamigste Populär-Bereich in den vorangegangenen Jahrzehnten keinen Krieg gelassen, keine gesellschaftliche Entwicklungen, die sich aus einer Krise nach der anderen ergeben, usw. – und das liegt nicht daran, dass es die Künstler dazu nicht gegeben hätte. Sondern daran, dass ihr lieber Heimatfilme verkauft habt. Kraft durch Freude, wir sind wieder wer, nur keine Kunden durch sowas wie Gesellschaftskritik oder Welt-Probleme vergrätzen. Ich wünsche mir, dass ihr nicht mehr so feige seid. Und Künstler wieder explizit dazu ermuntert, auch „politisch“ zu sein. Ihr habt eine Aufgabe in der Gesellschaft. Wenn ihr die nicht wahrnehmen wollt: sterbt, denn dann braucht euch keiner mehr.

Ich halte Verwerter nicht für überflüssig. Im Gegenteil: sie können Dinge, die ich nicht kann. Sie wissen, wie man diesen Bürokratiescheiß mit GEMA, GVL, usw. handelt, so, dass ich am Ende sogar was rausbekäme. Sie haben PR-Möglichkeiten. Sie können finanzieren. Sie können mir den Rücken frei halten. Ich will gar nicht „mich selbst vermarkten“ müssen, denn das kostet einen Haufen Zeit, der von meiner sowieso spärlichen Zeit, die ich für Musik aufwenden kann, nochmal abgeht. Ich will nicht Veranstaltern selbst hinterhertelefonieren müssen, es gibt nichts blöderes als sich selbst anpreisen zu müssen, ich freue mich, dass es Booker, Verleger, Distributoren, Verkäufer, PR-Leute usw. gibt, und sie alle sollen dafür, dass sie mit meiner „Ware“ Handel treiben auch ihren fairen Anteil am Gewinn haben. Diesen Gewinn erzielt man mit den Menschen, die sagen „Ja, das ist toll, da bezahle ich gern dafür“.

Die die tatsächlich nicht bezahlen wollen interessieren nicht, die würde so oder so nicht zahlen, die nehmen mir also nichts weg, auch wenn sie meine Musik hören, denn ob sie sie hören oder nicht, ich sähe keinen Cent von ihnen, auch keinen theoretisch zu errechnenden, denn könnten sie mich nicht „illegal“ haben hätten sie mich halt gar nicht und hörten halt was anderes. Mögen ihnen die Ohren abfaulen, sollten sie mich ständig hören, aber mir nichts zahlen wollen, aber es ist Zeit- Energie- und Geldverschwendung, sich an denen aufzureiben. Ich halte die übrigens für eine absolut vernachlässigbare Minderheit, ohnehin.

Denn sonst vergrätzt man die IMO viel größere Gruppe derer, die bezahlen würden, es aber erst mal nicht tun (können, aus welchen Gründen auch immer). Die werden bezahlen, wenn sie feststellen „Oh, das gefällt mir“, was sie aber erst können, wenn sie mich gehört haben. Und wenn sie es so können, wie sie es gern möchten, also wenn man ihnen die „Ware“ so verkauft, wie sie sie gern haben möchten, in der Form, Präsentation und der Einfachheit, wie sie das möchten (Beispiel: iTunes und Co., ein Millionenmarkt, den jetzt ein Computerhesteller dominiert, weil die Musikindustrie es nicht schaffte, eine solche Verkaufsplattform als Antwort auf Napster und Co. aufzubauen, weil sie zu beschäftigt war, Napster & Co. zu verklagen. Dabei wäre es so einfach gewesen….).

Die werden aber nicht bezahlen, wenn man sie kriminalisiert, drangsaliert und mit juristischer Scheiße überhäuft, obwohl sie doch unsere Fans sind. Ich würde da dann auch nichts mehr zahlen. Könnten mich mal am Arsch lecken. Logisch? Na also.

Ich wünsche mir ein Förderungsmodell (keine Ahnung, wie das aussehen kann, aber vielleicht fällt ja wem was ein), das das derzeit mangelnde Engagment der Industrie ausgleicht, Kunst am Rande und außerhalb des Mainstreams zu fördern, denn kommerziell erfolgreich ist freilich nur, was einen Massemarkt erreicht, und das ist nie so progressiv wie die, die neue Impulse geben, Neues erfinden, experimentieren und damit nur einen Nischenmarkt bedienen, der allein ihnen keinen finanziellen Halt geben kann, weil er einfach zu klein ist. Ohne diese Leute aber dreht sich der Mainstream immer mehr im Kreis, verstreamlinet immer weiter, wie man ja heute sehen kann. Nie zuvor in der Geschichte war Mainstream so Retro wie heute.

Das liegt IMO auch daran, dass kaum was neues entstehen kann, weil dafür kein Platz und kein Geld da ist. Der Rückgriff auf die progressiven Elemente der 70-ger und 80-ger ist reine Notwehr, denn dort gibt es wenigstens noch Progressives, auf das man zurückgreifen kann. Überlegt mal, die die die 80-ger erlebt haben: 25 Jahre alte Musik als direktes(!) (denn freilich gabs auch immer Inspirationen aus vorangegangenem) Vorbild für aktuelle Bands? Wir hätten die ausgelacht und gefragt, was die mit dieser Opa-Mucke wollen. Heute wird aus dem Elektro, dem Punk, dem Grunge, dem Metal und dem New Wave der 80-ger nochmal rausgeholt was irgend geht. Denn was anderes ist nicht da. Es gibt niemanden, der darin einen Wert sieht. Und entsprechend Finanzen dafür reserviert. Eigentlich müssten die Plattenfirmen das tun, gerade aus den Erfahrungen der vor-90ger heraus, so viel Inspiration gabs nie, und soviel wirklich „gute“, neue Musik und Künstler, die man verkaufen konnte gab es entsprechend auch nie.

Tun sie aber nicht. Also muss es, wenn sie solche Musik bzw. auch solche Einflüsse auf ihre Popkultur, haben möchte, die „Gesellschaft“ tun. Die, die mit dem Wort „Kultur“ am Ende auch gemeint sind. Und denen eine vielfältige Kultur nutzt und mehr wert ist als die Zahlen in einer Bilanz.

Kann sein, dass ein Konzept wie das BGE dieses Problem lösen helfen kann. Bis das allerdings wirklich kommt, wenn überhaupt, können noch Jahre und Jahrzehnte verstreichen. Nutzt uns also nichts, ebensowenig wie eine Lösung zu finden, die so tut, als gäbe es es schon. Denn sie nützt heute (noch) niemandem. Im Gegenteil, sie schadet, denn sowas gaukelt eine Lösung nur vor, so dass man vergisst, eine für die aktuellen Umstände zu finden.

Flatrate? Bürokratischer Alptraum und hat die selben Probleme wie die GEMA-Praktik: es drohen genau die durch den Rost zu fallen, die jeden kleinen Cent nötig hätten.

Also: irgendwie muss es eine Kulturförderung geben, und zwar eine, die explizit die unterstützt, die nicht schon Verträge in der Tasche haben, die unabhängig sind und die noch keinen kommerziellen Erfolg haben (also das Gegenteil der heute gängigen Praxis, die sich gerade auch an kommerziellem Erfolg orientiert). Wie? (Noch) keine Ahnung. Die derzeitige Förderung, speziell im populären Bereich, beschränkt sich auf Jugendförderung (die berüchtigten „Band-Durchschnittsalter 27“-Veranstaltungen). Also: Kulturförderung. Von Bands, von Veranstaltungen und Locations, auf denen Bands spielen können, von Finanzierungen für Produktionen. *Centindenwunschbrunnenwerf*

Dann GEMA: Leidiges Thema, ich machs kurz: Ich will eine Rechtewahrnehmung, die sich nicht an die Person bindet sondern ans Werk. Heißt: ich will Werke anmelden können, am liebsten sogar nach Nutzungen aufgeschlüsslt, also Song X als GEMA-Material für Broadcasting und Tonträger, aber live und Internet nehme ich meine Rechte selbst wahr. Song Y ist CC. Song Z setze ich gar public domain. Derzeit ist ein Standard-GEMA-Vertrag quasi ein total Buy-Out, nicht nur aller bestehenden sondern auch aller zukünftiger Werke in welcher Form auch immer (sogar jede Impro-Jamsession auf einer open-Mic-Bühne, ob ich das will oder nicht). Das ist nicht mehr zeitgemäß und auch nicht praktikabel.

Ebenso wie die GEMA-Vermutung. Inzwischen machen so viele Menschen Musik, und veröffentlichen die auch, vor allem auch im Internet, weil man eben keine entsprechend darauf spezialisierten Techniker mehr dafür braucht. Früher(TM) konnte man in der Tat vermuten, dass alles, was irgendwie „ausgestrahlt“ wurde auch GEMA-Material ist, weil der Aufwand bis dahin auf jeden Fall große professionelle Betriebe benötigte, so dass niemand „broadcastete“, der nicht so stark „professionalisert“ war, dass die GEMA zum Standard gehörte. Heute ist das anders. Also weg damit.

Pay to Play: sittenwidrige Scheiße, sollte ebenso verboten werden wie Total-Buy-Outs. Hm, das wissen vielleicht auch viele Konsumenten gar nicht: als unabhängige Band hast du kaum mehr Möglichkeiten für Auftritte. Slots auf Festivals werden meist an Label oder sonstwen reserviert, die natürlich ihre signed artists da unterbringen oder Internetportale, die dann irgendein blödsinniges „Voting“ veranstalten, kleine Bühnen gibts kaum mehr, weil den Wirten GEMA zu teuer ist und sie gemerkt haben, dass sie mit „Kleinkunst“ (meist Stand-Up Comedy o.ä.) billiger fahren usw., dafür verbreitet sich die Sitte wie die Pest, dass Künstler in „Pay to Play“-Modellen quasi selbst für ihre Auftritte bezahlen. Also nicht nur keine Gage, sondern sogar Kosten. Auch Vorgruppen werden zunehmend nicht mehr gebucht sondern müssen sich einkaufen, oft wird auch meistbietend versteigert (heißt, sogar Bands fördern die Selbstausbeutung anderer Bands, das ist schon sowas wie Kannibalismus).

Unter solchen Bedingungen kommt so mancher Spruch von Konsumenten, speziell auch manchem Nerd, der die „Kostenlosigkeit“ einer Mp3-Datei rechtfertigen möchte (die das aber freilich einfach nicht wissen, sonst würde die sowas ja nicht sagen) äußerst zynisch, dass „die Bands heute doch viel mehr Geld durch Konzerte und Merchandising verdienen können und das doch der Mehrwert wäre, mit dem sich ein Auskommen erwirtschaften“ ließe – nein, tut es nicht, jedenfalls nicht für kleine Bands ohne Investor: Merch (Shirts etc.) muss erstmal eingekauft werden, also auch hier: vorgestreckt, in entsprechder Auflage/Anzahl, und kleine Konzert werfen kein Geld ab sondern im Gegenteil, sie kosten meist sogar welches.

2. Als Konsument

Als Konsument geht es mir derzeit relativ gut, denn ich konsumiere hauptsächlich unabhängige Musik, so dass ich an der Stelle persönlich wenig mitbekomme von den Gängelungen, denen Nutzer von Mainstream-Musik ausgesetzt sind, denn ich kaufe meist „direkt beim Erzeuger“, also den jeweiligen Bands, die ich höre, oder im „Großmarkt“, denn mp3-Alben kann man ja inzwischen DRM-frei und bequem kaufen. OK, der Großteil des Geldes dieser letzteren Käufe geht nicht mehr zu den Plattenherstellern, was aber nunmal daran liegt, dass die es verschliefen, selbst diese virtuellen Plattenläden aufzubauen.

Aber ich will von Plattenfirmen nicht als potentieller Verbrecher angesehen werden, und ich will nicht mit Geldstrafen bedroht werden, wenn ich meinem Kumpel oder im Social Media-Netzwerk meinen Freunden oder auf meinem Blog der ganzen Welt meine Begeisterung über eine neu entdeckte Band zeigen will und dazu ein Hörbeispiel verlinke oder auf einen Geburtstagssampler ein paar meiner Lieblingssongs brenne. Das nennt man „Empfehlung“, und die Chance, dass das der Verbreitung und damit auch weiteren Verkäufen nutzt ist weit größer als dass dass jemand z.B. aufwändig den Stream rippt und das Teil kopiert ohne was zu zahlen. Hätt er ja eh nie, siehe oben.

Ich will aber auch, dass es nicht noch schlimmer wird, sprich, keine Netzsperren, noch mehr Drohungen, Unterstellungen und Verdächtigungen, die am Ende meine Privatsphäre durchlöchern, keine Zwangsabgabe, um Einkünfte zu generieren, die auf dem freien Markt offenbar niemand mehr zu zahlen bereit ist (Leistungsschutzrecht o.ä.) usw usf. – wie wäre es statt dessen damit, mir das und so zu liefern, wie ich das gern hätte? Ich zahl sogar dafür. Dann.

Bei Filmen (ich liebe Bewegtbild) ist das etwas anders, da ärgere ich mich, dass mir die Industrie nicht das liefert was ich will, nicht mal, obwohl ich dafür bezahlen würde (meine Original-DVD-Sammlung belegt meine Bereitschaft dazu glaube ich eindeutig) – ich will die aktuellste Serienstaffel sehen, wenn es sie gibt und nicht 3 Jahre drauf warten. Ich will die Filme sehen wann und wo ich möchte, dazu gehört, dass ich sie mir konvertieren oder kopieren kann (oder man mir entsprechende Formate ohne Zusatzkosten zur Verfügung stellt). Ich zahl sogar dafür. Dann.

Ich rippe meine gekauften DVDs auf Netzwerk-Platte. Dass ich dazu einen Kopierschutz überwinden muss nervt. Ich mach das aber nicht nur, weil ich von jedem Gerät drauf zugreifen will, das ich habe, sondern schmeiß bei der Gelegenheit auch immer die „Raubkopierer sind Verbrecher“-Werbung raus. Ihr Trottel: ich will nicht von euch als Kunde beschimpft werden gerade WENN ich eine legale, von mir bezahlte DVD von euch angucke! Also: lasst den Kopierschutz weg und vor allem diese Beleidigung von Trailer.

Grundsätzlich missfällt mir, dass ich nach neuen Sachen, die etwas weg vom oder gar weit außerhalb des Mainstreams liegen, ewig suchen muss, und wenn ich was gefunden habe, feststellen muss, dass deren technische Qualität meist nicht mit deren kreativen Qualität mithalten kann, nicht weil sie schlecht wären, sondern weil sie einfach nicht die Mittel (Zeit, Equipment, Geld) haben, trotz möglichst großer Selbstausbeutung (übrigens auch etwas, das ich von der anderen Seite ebenfalls sehe, an mir selbst).

Weil sie niemand unterstützt, nicht finanziell, nicht Promo-mäßig, nicht mit Gigs, mit gar nichts. Ich will diese tollen, verrückten, die Bezeichnung „authentisch“ wirklich verdienenden, originären Leute in mindestens der selben guten Qualität hören, sehen und spüren wie den weichgespülten Mainstreammüll, mit dem ich überall geflutet werde, ob ich das will oder nicht, und für den scheinbar so viel Kohle da ist, dass man es sich leisten kann, 10 fach redundant immer das selbe in 20 Varianten mit einem PR-Geld rauszuhauen, dass man sich fragt, wo denn dieses ganze Geld her kommt, wenn es der Branche angeblich so schlecht geht.

Ich will Förderungen, die es independent Labeln erlauben, langfristig investieren können, um ihre Künstler nachhaltig aufbauen zu können, wenn es schon die, die es sich eigentlich leisten könnten und das auch früher mal leidlich taten, nicht mehr tun.

Ich will Konzerte, auf denen nicht immer und nur die selben Superstar-Headliner bis in den vorletzten Slot zu sehen sind (ein oder zwei brauchts als Zugpferd, klar, aber doch nicht nur noch!) , denn die können auch eigene große Touren machen und bekommen die auch voll. Ich will Vielfalt.

Und last but not least: Ich will Popkultur, die sich wieder um Gesellschaft, Politik und Menschen kümmert, die wieder dort hinzeigt wo es richtig weh tut, ich will Protesthymnen und Pathos, ich will Musiker, die sich wieder trauen, Positionen und Stellungen zu beziehen und für diese eintreten.

 

9 Gedanken zu „Wunschpunsch: Populärkultur. Was ich will. Und was nicht.

  1. Moin!
    Ich stimme Dir zu!

    Aufgrund der aktuellen Entwicklungen zum leidigen Thema Gema vs. Youtube
    hab ich ne kleine mail an google geschickt, denn die derzeitige Situation hilft niemandem, in 40 anderen Ländern bekommen die Künstler wenigstens was, in
    DE dank Gema fällt Youtube-vermarktung bald ganz flach (Wortfilter sind sowas von ungenau und treffen auch völlig „unschuldige“ Daten) und die Künstler kriegen nix und verkaufen auch noch weniger, ganz dummer Plan!
    deshalb plädiere ich dafür, das google deutsche IPs mal ne Weile komplett aussperrt,
    damit bei den Betonköpfen der Gema sich mal der Denkschmalz regt.

    eine mail:
    —-
    Hello folks of Google!

    Im a big fan of your streaming service „Youtube“, unfortunately, the german „Gema“ seems to want to destroy it 🙁
    Therefor I say, just block the Acces to Youtube from German IP-Adresses, i believe it would not take long, and the creatives, the Labels and the ordinary industry will give „Gema“ so much pressure to change their minds and after that „Strike“, they will accept your (probably any) paying model.

    As a german google-user, i would totally understand if you would do this,
    and i would appreciate it!

    The „Gema“ is like a dinosaur, the internet is like „that meteor“, so those who adapt will survive, all others, well…
    —–
    aeternitas
    Ansonsten wähl ich nur noch orange.
    Nebenbei, durch sone komplette Youtube Sperre würden
    die Piraten wahrscheinlich auf 25% bis 30% springen, dann könnte es endlich losgehen mit ehrlicher, transparenter Sachpolitik und einem reformierten Urheberrecht, mit dem alle leben können.

    Sicher ist das nur ein Teilaspekt der Gesamtproblematik, aber ich finde an diesem Teil sieht man sehr schön, wie bekloppt es in diesem Land inzwischen läuft zum Thema Verwertungsrechte.

  2. Ich hab überhaupt nix dagegen, dass die GEMA auf youtube die Videos ihrer Mitglieder sperren lässt, das ist in der Tat rechtens und entspricht der deutschen Gesetzeslage bzw. den Verträgen zwischen GEMA und deren Mitgliedern. Und ist somit ein Ding zwischen GEMA und deren Mitgliedern

    Ich bin mit meiner Band kein GEMA-Mitglied, und dementsprechend werden meine Videos auch durch niemanden gesperrt. Wenn ein GEMA-Mitglied seine Videos auf YT sehen will muss der das eben mit der GEMA aushandeln. Oder austreten.

    Ich finde das Urteil von vor ein paar Tagen großartig. GEMA-Mitglieder sind für mich auch bis auf weiteres keine Konkurrenz auf Youtube – find‘ ich super 😀

  3. Moin Sven!

    Darum ging es mir garnicht, es geht darum, das scheinbar viele nicht verstehen,
    das Google ihre Streamingplatform Youtube jederzeit einfach so abschalten können,
    das dürfen sie, es gibt kein Gesetz, das sie dazu zwingt „online“ zu bleiben in DE. Durch das Urteil wird aber Youtube quasi unmglich gemacht, weil sie nun direkt beim upload alles prüfen müssen oder eben nen Wortfilter einbauen. Ersteres ist schlicht nicht schaffbar, letzteres schadet allen, denn jeder Künstler/jedes Lied was ähnlich oder gleich eine Gema Künstler/Lied ist (von Name oder Titel her) muss dann erstmal geblockt werden, da werden sich noch viele junge Künstler ärgern, das ihre Videos nicht freigeschaltet werden.

    Wortfilter sind außerdem Zensur in Reinform.

    Ich glaube wirklich, das nach einem „Streik“ von Youtube, sagen wir mal so für einen Monat oder zwei, der Druck auf die Gema (Verkaufsausfälle bei den Gema Künstlern, weil Videos als Werbung weitestgehend ausfallen, aber auch von der restlichen Wirtschaft, von Labels ganz zu schweigen) so groß sein wird, das sie sich wahrscheinlich auf JEDES Angebot von Google einlassen.

    Wenn Verwerter in 40 Ländern sich mit Google einigen können, dann liegts meiner Meinung nach sicher nicht an Google, sondern an den wahnwitzigen Vorstellungen der Gema.

    aeternitas

  4. Wow,
    das ist ja mal eine geniale Ansicht.
    Andererseits fände ich es besser wie es damals bei den MCs war, das waren die LeerMCs teurer durch einen Aufschlag durch /für die GEMA bzw deren Mitglieder, diese Gelder wurden an alle verteilt. 1€ oder gar 2 für den Internetzugang, oder 2€ für ein paar Rohlinge würden keinem schaden.
    Damals durfte man dadurch aus dem Radio aufnehmen und keinen hat es gestört….

    Wenn ich heute meinen Furz auf ner Party aufnehme, aber im Hintergrund Musik läuft, ich aber diesen Furz gerne auf Youtube hätte dann habe ich Probleme…

    Wie auch immer, dann lieber Menschen die Musik machen weil sie Spass haben und kein GEMA – Mitglied sind…

    LG Der Dom 😉

  5. Austreten aus der GEMA ->nich so einfach bzw. meines Wissens noch mit reichlich Jahren Zwangsverheiratung verbunden (3 bis 6 Jahre bleibst du dann noch in deren Fängen, so ist zu hören)

  6. Endlich mal ein Beitrag, der differenziert, die richtigen Fragen stellt und nicht gleich mit den großen Totschlagvolabeln draufhaut.

    Ich hebe da und dort ja auch ur, und ringe noch mit mir um eine stringente Position zu den urheberrechtlichern Bereichen, in denen ich lebe und arbeite.

  7. Sorry, ich hab irgendwie verpeilt, die Kommentare rechtzeitig aus der Moderation zu holen 🙁

    @Sparta: Psssst 😉

    @roland: wenn du raus willst lassen sie dich schon raus, die haben schlechte PR genug (aber ja: theoretisch ist die Laufzeit 6 Jahre bei 6 Jahre Verlängerung, das ganze mit 1 Jahr Kündigungsfrist. Zumdest war das so als ich das letzte Mal schaute)

  8. @aternitas: die schalten nicht ab, und selbst wenn sie’s täten wäre es Wurscht, denn deren Markt ist im angelsächsischen, asiatischen und lateinamerikanischen Bereich so groß, die paar Deutschen zählen da nicht viel. Andererseits wär‘ das den hiesigen Verlagen grade Recht, denn clipfish & Co (deren AGBs du mal lesen musst!) sind ja da – wär dann halt ein „heimischer“ Markt, manchen Politikern wäre das sogar ein „gutes“ Argument. Google wirds so machen wie die ganze Zeit schon: GEMA-Material regional sperren und fedsch. Wie gesagt: Is mir egal… 😉

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