Things to come

Wieder mal ein völlig unsortierter Quer-Beet-Eintrag.

Erfahrungsgemäß ist uns England ja immer ein paar Jährchen voraus. Somit können sich Eltern hierzulande schonmal drauf einstellen, dass sie es sind, die als nächstes ins Visier von Politikern geraten werden, die sämtliche gesellschaftliche Gestaltungskraft und Phantasie verloren haben vor lauter Lobbyverstrickungen und Verantwortungslosigkeit.

Spätestens, wenn sich der Sozialschmarotzer und der Ausländer irgendwann als Buhmann und Ablenkung vom eigenen Versagen abgenutzt haben. Mal sehen, wann einer von der Laiin dann auch plötzlich einfällt, Eltern auf Volksliedkundekurse zu schicken. Lässt sich doch bestimmt prima verbinden mit einer neuen Popanzdiskussion über „Leitkultur“ und „bildungsferne Unterschichten“ oder so. Womit dann Sozialschmarotzer und Ausländer nicht ganz als Mittel zum Zweck verloren gehen, wäre ja auch schade um die schöne jahrelange Arbeit, diese Bilder aufzubauen…

Dass soziale Inkompetenz nicht unbedingt eine Domäne sogenannter „Prekariat-Schichten“ sein muss, sondern sich durchaus auch (oder gerade?) in Gefilden wiederzufinden scheint, in denen mit einer Menge Geld gespielt (oder verbrannt) wird, beweist mir derzeit der Fall „StudiVZ„, der mich nebenbei an so manche Web-Seifenblasengeschichte des „New Economy“-Desasters vor einigen Jahren erinnert.

Bildung im Sinne von „Wissen“ oder „Information“ macht jemanden in meinen Augen halt noch lange nicht gebildet – sondern die Kompetenz, dieses Wissen auch in sein alltägliches Denken und Handeln zu integrieren.

Den „bildungsfernen Schichten“ kann man allerdings wenigstens zu Gute halten, dass sie dazu kaum eine Chance bekommen, weil Chancengleichheit hier zu Lande halt nur ein schönes Wort auf dem Papier ist (womit wir wieder bei unseren tollen inkompetenten Politikern wären, die ihren Job nicht machen). Diese Ausrede hat jemand wie jener Herr Dariani allerdings nicht, und wenn ich mir so anschaue, was der so treibt bekomme ich da doch erhebliche Zweifel, was die sozialen Kompetenzen von Leuten, die gern zu irgendwelchen „Eliten“ gezählt werden, betrifft. Zumindest von dem Bild ausgehend, das sich mir da als Außenstehenden so aufdrängen muss.

Wobei bei dieser Geschichte die Person ja nicht wirklich wichtig ist, ja, als Beispiel für die Tendenz mancher Leute, „Öffentlichkeiten“ schlicht zu unterschätzen und unüberlegt in jener zu agieren, aus welchen Gründen (Selbstüberschätzung, Realitätsferne, Ungeschick oder was auch immer) auch immer. Interessant ist es, zu sehen, dass manche „Geschäftsmodelle“, die vor Jahren einer ganzen Branche eine Krise einbrachte, die mehr Geld verbrannt hat als gesund gewesen wäre, auch heute noch gefahren werden. Wobei das eigentlich ja auch nicht wirklich verwunderlich ist, denn die in Geld umsetzbaren „Werte“ des Internetz sind nunmal auch heute noch: Aufmerksamkeit und Daten. Womit wir bei der Frage wären, ob es wirklich egal ist, welche Art von Aufmerksamkeit man so hat…

Und um nichts als das letztere scheint es da zu gehen, und irgendwer wird schon einen Haufen Geld hinlegen, um die Daten der Leute, die ihre Daten da abgeliefert haben, kaufen und verwerten zu können. Wenn dabei aber versucht wird, das Märchen einer „Community“, am besten irgendwo im Hinterhof gegründet, aus Idealismus und Selbstlosigkeit, zu fahren allerdings ist heutzutage, also nach Jahren entsprechender ähnlicher Modelle, wohl nur noch unter „lächerlich“ zu verbuchen.

Wenn mir sowas unehrlich vorkommt und ich Unehrlichkeit scheiße finde, auch (und gerade) in „geschäftlichen“ Fragen, dann natürlich ist das meine persönliche Meinung auf Grund meiner persönlichen Wertmaßstäbe. Andere mögen da zynischer drauf sein und sagen „Das ist doch völlig normal und üblich“ – das mag sogar sein, aber nur weil etwas „üblich“ ist muss es mir nicht gefallen. Wie es mir ja auch nicht gefällt, dass sowas „üblich“ ist. Und, unter Umständen, mag es weit mehr Leute geben, die sowas auch scheiße finden als Leute, die das als „normal“ nicht weiter tangiert. Das zu berücksichtigen hielte ich nach wie vor für klug, wenn man nach wirklich langfristigem und nachhaltigem wirtschaftlichem Erfolg strebt. Aber wer will das schon, heutzutage…

A propos Bildung und Zukunft:

Derzeit werden in England kleine Traditions-Unis geplättet, man fängt mal bei diesen brotlosen Musikern an, Karans Ex-Uni, das „Dartington College of Arts“, ist da scheinbar in die Fänge von BWLern geraten, und wenn die Rechenschieber mal über Kunst und Kultur herfallen bleibt erfahrungsgemäß nicht mehr viel übrig.

Allerdings regt sich Widerstand, auch wenn der etwas unkoordiniert ist – sowas haben die 20-jährigen heutzutage halt nicht mehr gelernt, wie es scheint. Aber wer weiß, „learning by doing“ ist auch eine effiziente Lernmöglichkeit, und so drücke ich den Studis und Profs dort die Daumen – vielleicht ist es ja noch nicht zu spät. Karan hat den Leuten, die sich um das Dartington College of Arts sorgen mal ein Blog eingerichtet, auf dem das aktuelle Geschehen dokumentiert wird.

Wie gesagt: erfahrungsgemäß ist uns England ja immer ein bis zwei Jährchen voraus – obwohl, in manchen Punkten bin ich mir da garnicht mehr so sicher

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