Sicher

Wer nichts zu verbergen hat hat auch nichts zu befürchten. Oder so. Lesen. Hier, da und dort.

Während wir auf die Rückmeldung zu unseren Daten warten, redeten wir mit dem verantwortlichen Beamten. Ich fing an zu weinen, weil ich diese ganze Aktion nicht fassen konnte und geschockt war. Ich fragte ihn was diese Aktion denn jetzt sollte? Er sagte, dass dies mit einer ganz normalen Kontrolle – wie etwa der Alkoholkontrolle bei Autofahrern – zu vergleichen sei. Wir konnten nicht fassen, dass es einen solch großen aufwändigen Polizeieinsatz aufgrund dieser lächerlichen „Indizien“ gab. Das Telefon klingelte und es schien nichts Nennenswertes über uns zu geben, was wir dem Kommentar „Leider haben wir tatsächlich ein Paar in ihren Flitterwochen gestört“ entnahmen. Ich fragte den Beamten in was für einem Land wir eigentlich leben und er antwortete „In einem sicheren“. Zum Schluss wurde uns dann auch die Hand gereicht.

Ganz ehrlich, Sicherheit ist das letzte, was uns durch diese Aktion vermittelt wurde

(Somit gesellt sich neben das Gefährderprofil „Soziologe, der sein Handy nicht mitnimmt“ auch noch „Moslem ohne Auto“ – wobei letzterer so deutsch sein kann wie er will, er wird dennoch gefragt, aus welchem Land er käme – was aber meiner Überzeugung nach auch weniger an fremdländischen Aussehen liegen konnte als daran, dass man ohne Auto unterwegs war – es gibt nichts undeutscheres als das, da kann man schonmal nachfragen, denn was in einem Pass steht muss ja nix heißen. Ich mein – ohne Auto! Wo gibt’s denn sowas! Das ist einfach verdächtig! Gibt’s denn was Identitätsstiftenderes als das für einen guten Deutschen? Sieht man ja an der gerade so schön „wichtigen“ und nicht minder hysterischen Diskussion um das Verbot von Schusswaffen das Tempolimit und NRA und Republikaner die CDU und den ADAC, die allein aufrecht das deutsche Sein und Wesen verteidigen gegen die Kommunisten Ökospinner. Aber ich schweife ab.)

2 Gedanken zu „Sicher

  1. Du hast noch vergessen: im Fall Andrej H. wurde die Tatsache, dass er vom Intellekt und der Bildung her das Schreiben hätte verfassen können, als Verdachtsmoment gewertet. Also muss man wohl „Mensch, der denken kann“ zum Gefährderprofil dazuzählen.

    Das mit dem Auto ist keine rein deutsche Erfindung. Der amerikanische SF-Autor Ray Bradbury wurde Anfang der Fünfziger Jahre, als er einfach so in einem Vorort von L.A: spazierenging, von einer Polizeistreife angehalten. Bradbury hatte große Mühe, den Herren klarzumachen, dass er nur spazierengehe. Auch damals dachten die offensichtlich: wer ohne Auto unterwegs ist, ist verdächtig. Aus dem Erlebnis heraus entstand übrigens die Story „Geh nicht zu Fuß durch stille Straßen“

  2. Die Parallelen in der Argumentation zwischen Tempolimit hier und Schußwaffenproblematik in den USA sind mir auch aufgefallen. Beides mal geht es um Freiheitssymbole (mit wenig Wert, aber immerhin Symbole). Ich bin der Ansicht, dass die Menschen hier und in den USA vom „Bauch“ her merken, dass ihre Freiheit eingeschränkt wird und noch weiter eingeschränkt werden soll, das „Bauchgefühl“ aber nicht so recht in den Kopf hineingehen will – sehr zur Freude jener, die es verstehen, durch Befriedigung symbolischer Bedürfnisse Politik (oder gute Geschäfte) zu machen.

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